Die Quadrat Serien

 

Auf den ersten Blick schrill und provokant, auf den zweiten Blick verstörend ungemütlich - die Gesellschaftstypen, welche von Samuel Wiesemann ins Bild gerückt werden, treten ikonenhaft in Erscheinung. In Anlehnung an den Proletkult sucht der Künstler aktuelle Gesellschaftstypen auf, um sie wie Schablonen kollektiver Schicksale zu verbreiten.

 

Dabei ist der Aufbau stets der gleiche: Ein Quadrat umfasst einen Kreis in seiner Mitte. Der Kreis wird somit statisch verankert und öffnet einen weiteren Bild- und Deutungsraum in seinem Inneren.

 

Hierin wird das Objekt der Begierde zentriert und als soziologische Ikone, wie durch einen Heiligenschein, umrahmt. Diese Ikonen werden durch das Berliner Arbeitermilieu, durch allein erziehende Mütter, Hartz4 Empfänger oder trunkene Kunstschaffende geprägt.

 

Populäre Slogans, kulturgeschichtliche Referenzen und eine Reihe an Alltags-Requisiten bilden ein Netz an narrativen Spuren und Widersprüchen. Zusammen eröffnen sie ein Spannungsfeld zwischen einer zeitgenössischen Märchenlandschaft und einer Gedenkstätte für bereits gescheiterte oder ums Überleben kämpfende Helden von nebenan.

 

Samuel Wiesemann bezeichnet seine künstlerische Tätigkeit als dialektische Malerei. Gemeint ist eine bildliche Gesprächsführung, in der These und Antithese wie süße und bittere Geschmackseinheiten formal und inhaltlich ineinander gesetzt werden. Im Ergebnis setzt das vermeintlich Schöne zur Verführung an und zeigt sogleich Zähne seiner unheimlichen Fratze.

 

Neben der dramaturgischen Gesellschaftserziehung von Bertold Brecht, zählen auch Künstler wie Otto Dix, Max Beckmann und Alexander Michailowitsch Rodtschenko zu seinen wichtigen Einflüssen.

 

In Wiesemanns Malerei werden Anspielungen und Zweideutigkeiten dialektisch konturiert; sie zeigen, was gezeigt werden soll: Märchen, Träume, Narrenspiele und Verliebtheiten eines bitteren Realismus.

 

L.K.