Andacht der heiligen Wollmütze

 

Die feministische Bewegung in Russland, die Putin-Regierung, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Arbeitslager; Themen, die um die Welt gingen. Ausgelöst von Punksängerinnen in bunten Kleidern, ins Gesicht gezogene Wollmützen und einem Kirchenbesuch. Die Frauen sangen für die Revolution, den Kulturkampf und gegen das Regime. Eigentlich sollte Gott das doch verstehen, sogar unterstützen, seine Gotteshäuser reihenweise zur Verfügung stellen.

Das punkbeten wird erwünscht, wird erwartet, wird geheiligt. Es sollte sogar als neues Wort, als offizielles „Tu-Wort“ in alle Lexika Einzug erhalten. Ich punkbete, du punkbetest, sie haben gebunkbetet.

Der Künstler Samuel Wiesemann tut dies in seinem Atelier. Auf 6 Postern, in der Größe von 1,50 x 2,00 Meter betet er mit Acryl, Linolschnitt, Spraydosen und Markern. Dass die Wollmasken hier schnell zu Heiligenscheinen werden ist eine logische und grammatische Weiterführung.

Die Werke dienen nicht nur der Heiligenverehrung mutiger Aktivistinnen, auch zeigen sie das durchaus hübsche Gesicht, und das darf an dieser Stelle auch mal gesagt werden: das durchaus hübsche Antlitz der Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa. Und damit wird keinesfalls die Idee und der Intellekt der Revolutionärin auf ihre äußere Erscheinung, den sinnlichen Mund und die strahlenden Augen reduziert.

Nein, Nadeschda, so ist das nicht! Wir sind alle sehr froh eine Künstlerin und Aktivistin wie dich zu haben, deine Schönheit ist nur das krönende Geschenk und doch von Gott gegeben!

Ein Grund mehr sich deinem Punkgebet anzunehmen!

L. K. März 2013